Betriebliches Tierisches

Jahresrückblick 2022 – diesmal aus Sicht der Tischlerhündin

Wenn ich auf 2022 zurückblicke, bin ich etwas zwiegespalten: Das Jahr bot viele Highlights, aber auch einige Entwicklungen, die ich skeptisch betrachte. Daher hoffe ich, dass es 2023 wieder anders läuft. Doch der Reihe nach:

Rückblick 2022

Meine Altersteilzeit

Zum einen bin ich in der Tischlerei in der Altersteilzeit deutlich weniger präsent und ruhe mich stattdessen mehr aus. Bedeutet: Ich bin mit der Chefin im Homeoffice und plane als perfekte Strategin ganz viel für die Tischlerei. Wie ich finde, mit sehr viel Erfolg. (Frage der Chefin: „Und das klappt am besten im Körbchen liegend, mit geschlossenen Augen und laut vor sich hinschnarchend?“)

Außerdem habe ich den Job des Dorfsheriffs übernommen: Wir gehen nicht mehr Gassi. Wir gehen jetzt Patrouille. Das ist mein Vorrecht und meine Verpflichtung als dorfälteste Hündin. („Frage von der Chefin: „Wo steht das denn geschrieben?“)

Homeoffice für alle: Corona

Irgendwann im Frühjahr blieb der Junior hartnäckig in seinem Zimmer und röchelte und hustete dort vor sich hin. Es wurde gesagt, dass er Corinna habe. Oder so was Ähnliches. Sagte zumindest irgendein Test. Daraufhin brach beim Chef und der Chefin wilde Betriebsamkeit aus:

  • Vorräte wurden angelegt.
  • Termine wurde umgelegt.
  • Technisch waren aber alle gut aufgelegt: Der Chef ließ jeden Abend im Büro seinen Computer an und brachte nach Hause jede Menge Papierkram und Ordner mit. Er hatte nämlich Angst, irgendwann nicht mehr in die Tischlerei zu dürfen. Was ich nicht ganz nachvollziehen kann, aber ansonsten voll unterstütze ich seine Homeoffice-Pläne total. Ist für mich viel bequemer, wenn er zu Hause ist und ich nicht erst in die Tischlerei muss, um von ihm betüddelt zu wer… Äääähh, mit ihm zu kommunizieren. Ich meine natürlich, um mit ihm zu kommunizieren.

Zurück zum Junior und Corinna. Oder auch nicht. Denn es passierte: nichts! Alles lief weiter wie gehabt (sieht man mal davon ab, dass die Chefin im Dauermodus Grapefruits und Blutorangen filetierte, Tee kochte und den Junior durch ein ausgeklügeltes System durch die verschlossene Zimmertür versorgte.)

So ging das die komplette nächste Woche. Die Freude war schon groß und Chef und Chefin grinsten sich eins … bis genau an dem Tag, an dem der Junior wieder röchelfrei und getestet negativ war, die Tests vom Chef und der Chefin positiv waren. Wieder mit dieser ominösen Corinna. (Wo auch immer die sich versteckte – ich habe niemanden gesehen! Und wieso zeigt ein Plastikstück an, dass jemand da ist?)

Daraufhin wurde es so richtig gemütlich: Beide schliefen länger als sonst, und die Chefin liebte außerdem ihr zusätzliches Nickerchen zwischendurch. Vor allem die ersten drei Tage war es hier sehr entspannt!

Danach hatten aber beide anscheinend ausgeschlafen, langweilten sich und begannen wieder zu arbeiteten. Nur halt jetzt von Zuhause aus und beide – nicht nur die Chefin. Ich fand das total schön, dass nun auch der Chef zu Hause war. Je mehr vom Rudel da sind, desto besser!

Und ich frage mich immer noch: Warum sichert er nicht dauerhaft von Zuhause aus Fenster gegen Einbruch oder repariert Rollläden (steht ja so auf der Website, dass er das macht)? Ist Homeoffice nicht sowieso total angesagt? Soll es nicht sogar für alle ein Recht auf Homeoffice geben?

Aprilscherz

Während also bei uns Corinna war, war hier am 1. April die Stimmung mega: In einer Kooperation hatten der Chef mit der Tischlerei und die Chefin mit ihrer Praxis nämlich eine neue Methode zum Einbruchschutz entwickelt und die Öffentlichkeit darüber informiert. Die Rückmeldungen begeisterten beide sehr. Hier die Blogbeiträge vom Chef mit seiner Tischlerei und von der Chefin mit ihrer Praxis zum neuen Verfahren.

Minijobber in der Tischlerei, Vol. 1: sinnvolle Überbrückung zwischen Schule und Ausbildung

Viel zu wenig habe ich letztes Jahr Eugen, unseren Minijobber gesehen und konnte ihm so gar nicht beibringen, wie ich meine Leckerlies gereicht bekommen möchte. Das ist wirklich der große Haken, wenn man Homeoffice hat und der Minijobber flexible Arbeitszeiten. Die interne Abstimmung fällt dann nicht immer leicht und der gegenseitige Austausch (die anderen geben Leckerli, ich lasse mich streicheln) kommt viel zu kurz.

Alte Bande halten gut

Timo, der ehemalige Auszubildende und spätere Jung-Geselle, ist zur großen Freude vom Chef und Eduard immer noch häufig in der Tischlerei anzutreffen. Er kommt dann abends vorbei, sitzt mit Eduard wie in alten Zeiten auf der Hollywoodschaukel und süffelt mit ihm ein Bierchen. (… habe ich mir sagen lassen, selbst gesehen habe ich das nicht – Altersteilzeit, ich sagte es bereits.)

Hier die Schaukel ohne Besetzung. Die farbliche Gestaltung haben die Mitarbeiter übrigens absichtlich so gewählt, damit die Chefin die Schaukel nicht irgendwann für sich privat beansprucht – meint die Chefin.

4-Tage-Woche

Anfang des Jahres wurde gemeinsam mit Eduard die 4-Tage-Woche beschlossen. Soll heißen: Eduard arbeitet nur noch von Montag bis Donnerstag für die Tischlerei. (Der Chef dagegen hat immer noch eine 6-Tage-plus-Noteinsatzzeiten-Woche. Er braucht die mitarbeiterfreie Zeit für die Arbeitsvorbereitung, den Papierkram – und sein neuestes Hobby. Zum Hobby nachher mehr.)

Was erstmal als Versuch gedacht war, entpuppte sich als eine zwiegespaltene Angelegenheit:

  • Freitags dürfen wir jetzt alle eine halbe Stunde länger schlafen.
  • Ich gehe jetzt öfter mal am Freitagmorgen mit dem Chef Patrouille.
  • Eher ungünstig: Ich bekomme seltener Leckerchen in der Tischlerei, denn entweder ist Edu nicht da, oder ich fehle. Und er ist viel großzügiger als der Chef oder die Chefin.

Interview mit mir

Im Herbst kam eine Anfrage für ein Interview über mein Leben als Tischlerhund. Ich delegierte das an die Chefin, die den Job auch prompt zu meiner Zufriedenheit erledigte.

Hätte ich aber geahnt, dass ich dazu noch Pressefotos brauche, … hätte ich erst recht zugestimmt. Denn zur Motivationssteigerung gab es vom Chef jede Menge Leckerchen für mich. Hier übrigens mehr über mein Fotoshooting.

Auch wenn es gefährlich aussieht: Ich mache nur Pause vom Posing und bekomme Streicheleinheiten vom Chef.

Mit dem Artikel über Betriebshunde im Handwerk war ich dann auch sehr zufrieden. Das fanden wohl auch andere, denn die Chefin bekommt immer noch Kooperationsanfragen. Da sie aber ganz richtig erkannt hat, dass ich keine Lust auf neue Halsbänder und Kuscheltiere habe, lehnt sie dasimmer ab.

Das ist das der fertige Artikel im Norddeutschen Handwerk, quasi der Ritterschlag des Handwerkermarketings.

Minijobber in der Tischlerei, Vol. 2: Wenn der Vater mit dem Sohne …

Nachdem Eugen weg war, hat dann der „Kleine“ vom Chef und der Chefin, quasi mein „Bruder“, mitgeholfen – wenn es denn passte (Florian geht noch zur Schule). Das soll in der Tischlerei auch super geklappt haben.

Aber ich fand es morgens, bevor die beiden weggefahren sind, etwas stressig: Immer diese Hektik und Streit, wer wann ins Bad darf. Beide pochten nämlich darauf, dass für sie die Badzeit wichtiger war. Der Chef, weil er ein Gewohnheitsmensch ist und er „das schon immer so“ gemacht hat. (Unter uns: Er selber mag es nicht besonders, wenn ihm das jemand als Grund angibt.). Der Junior, weil er als schwächstes Glied in der Kette besonders pünktlich sein und gepflegt aussehen musste.

Die Chefin und ich haben jedenfalls immer tief aufgeatmet, wenn die beiden endlich weg waren.

Das hätte besser laufen können:

Tischlerfrühstück? Welches Tischlerfrühstück???

Kaum bin ich seltener in der Tischlerei, lässt die Chefin schon die Zügel schleifen: Gab es früher mehrmals im Jahr ein Tischlerfrühstück, war 2022 kein einziges! Ich hoffe mal, dass das im kommenden Jahr besser wird! (Anmerkung der Chefin: „Ember, es gab kurz vor Weihnachten doch noch ein Frühstück, aber du wolltest ja lieber zu Hause bleiben und Leckerlis futtern!“)

Zum Glück hat mir die Chefin auf meine alten Tage etwas Neues beigebracht: Wenn sie weggeht und ich zu Hause die Stellung halte, ist das mittlerweile nicht nur einfach okay für mich, sondern totaaaal klasse: Denn ich bekomme ein Leckerli, wenn sie geht! Das führt zwar mittlerweile dazu, dass ich etwas gestresst bin, wenn sie geht, weil ich nun darauf achten muss, dass sie an die Leckerlis denkt. Danach mache ich es mir es aber gemütlich, suche mir eins meiner drei Körbchen aus, futtere und lasse es mir gut gehen. (Anmerkung der Chefin: „Ja, und dann verpasst du etwas, wenn du doch mal lieber mitkommen solltest. Ich bin nicht sicher, ob ich dir das so richtig beigebracht habe.“)

Neues Hobby vom Chef – und aus ist es mit der Ruhe!

Wie bereits bekannt, ist der Chef mittlerweile Sachverständiger. Das macht ihm Spaß, was ja auch alles ganz gut und schön ist. Aber die neuen Fortbildungen sorgen dafür, dass der Chef öfter

  • zu richtig doofen Zeiten aufstehen muss (und ich mache immer mit, weil ich viel zu müde bin, mich dagegen zu wehren),
  • später heimkommt
  • oder sogar woanders übernachtet (mein persönlicher SuperGAU!).

Denn wenn er nicht da ist, ist unser Rudel nicht komplett. Und nur zusammen sind wir unschlagbar! Außerdem bringt mich diese Unregelmäßigkeit fernab des gewohnten Tagesablaufs immer ganz durcheinander. (Noch schlimmer ist nur, wenn die Chefin fehlt. Dann liege ich stur auf der Treppe und warte darauf, dass sie zurückkommt. Ohne sie gibt es nämlich keine Gewohnheit. Und das ist schlecht für mich. Seeehr schlecht! Aber die ist ja keine Sachverständige – zum Glück!)

Ausblick auf 2023

Pläne für 2023

  • Mehr frühstücken: entweder zu Hause oder in der Tischlerei. Oder beides.
  • Öfter in der Tischlerei vorbeischauen – die vergessen sonst noch, wo meine Leckerlies sind.
  • Fit bleiben.

Dummerweise benötige ich für alle meiner Pläne die Chefin. Ich weiß also nicht, ob ich meine guten Vorsätze umsetzen kann. (Ach, das Leben als Hund kann so anstrengend sein, wenn nicht gemacht wird, was hund will!)

2 Kommentare Neuen Kommentar hinzufügen

  1. Michael Elbing sagt:

    Klasse Story – super geschrieben.
    Da kommt mir doch gleich der Gedanke, ob ich für/mit/über unsere Prinzessin nicht auch so etwas machen kann. Prinzessin passt vielleicht nicht ganz, meint jedenfalls meine Frau. Ihr Spruch ist immer: Ich wollte eine Prinzessin, jetzt habe ich eine Ghetto-Braut. Unsere Fellnase ist zwar super kuschelig, hat aber eine große Klappe und vor nichts Angst.

    1. Tischlerfrau sagt:

      Ghetto-Braut – ich mag den Begriff! D

      Außerdem danke für die Blumen – und ja: unbedingt machen! Schon alleine für einen selbst. Diese Texte Jahre später zu lesen ist mindestens so gut wie in Fotoalben blättern.

      Übrigens: In jeder Ghetto-Braut steckt eine Prinzessin – sie weiß es nur noch nicht.
      Unsere war in jüngeren Jahren ein neurotisches Plüschbärchen mit Kontrollzwang und Halbstarken-Allüren außer Haus. Im Lauf der letzten 13 Jahre hat sie sich dann doch zu einer Prinzessin gemausert. Zumindest in unseren stolzen Hundebesitzer-Augen.

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