„Schatz, du musst noch Frau Meier zurückrufen.“
„Waaas?“
„FRAU MEIER! ANRUFEN!“
„Ja, mache ich. Bald.“
Doch der Tischlermeister ruft nicht zurück.
Es ist bekannt, dass Rückrufe nicht zu Tischlermeisters Lieblinstätigkeiten gehören, aber dieses Verhalten ist neu. Was ist geschehen?
Nach einem der üblichen Schnupfen ging es los:
Erst gluckerte es im Ohr, gefolgt von einem ominösen Druck, samt nicht mehr zu fabrizierendem Druckausgleich.
Der Gatte war begeistert, konnte er doch mit einem seltsamen Phänomen aufwarten und Mitleid einheimsen..bis irgendwann aus dem Gluckern beim vornübergebeugten Kopf ein permanentes Rauschen wurde.
Also ab zum HNO. „Tut es weh?“
„Nein“, antwortet der tapfere Tischlermeister.
„Das muss aber weh tun, Sie haben eine Mittelohrentzündung.“
Also: Ohrentropfen, Antibiotika, das volle Programm.
„Wenn es nicht besser wird, melden Sie sich. Und kommen Sie auf alle Fälle vorbei! Ich wiederhole: Auf alle Fälle!“
Es wurde nicht besser.
Also vorzeitig zum Arzt:
„Frau Schmidt, Frau Schmidt“, ruft Doktor HNO aufgeregt der Arzthelferin zu, „das müssen Sie sich ansehen!“
Frau Schmidt eilt herbei, und ist pflichgemäß beeindruckt: Keine Besserung trotz AB. Nein, es hat sich sogar verschlimmert.
„Und es tut nicht weh???“
„Nein, immer noch nicht“, antwortet der Iron-Tischlermeister.
Also: „Tropfen weglassen, die bringen Ihnen sowieso jetzt nichts mehr, statt dessen Antibiotika für schwere Fälle. Und morgen sind sie wieder hier, das müssen wir kontrollieren!!!“
„Morgen“ ging es wieder zum HNO.
Der Tischlermeister, mittlerweile schon zum Inventar der Praxis gehörend, machte aber keinen guten Eindruck auf den Doc: „Sie kommen auf alle Fälle am Donnerstag vorbei! Wenn es dann nicht besser geworden ist, müssen wir schneiden.“
Heute ist Donnerstag, und es ist nicht viel besser geworden, auch wenn er mich mittlerweile sogar hört, wenn ich ihn anbrülle. (Vielleicht ist mir das Anbrüllen des Gatten aber auch schon zur Gewohnheit geworden.)
Was dieser kleine Exkurs über Unpässlichkeiten soll? Kurz den Grund dafür erklären, warum zur Zeit der Tischlermeister nicht zurückruft.
Und mir ein Ventil bieten, um dieses permanente Gefühl, in einem Loriot-Sketch gefangen zu sein, zu verarbeiten.
Und kurz um Anerkennung für das tapfere Verhalten des Mannes heischen.
Also (zum fünften Mal in diesem Beitrag, Rekord!):
Wenn Sie also nachher einen Tischlermeister sehen, der nicht auf Ihr Rufen reagiert, nehmen Sie es ihm nicht übel. Er ist nicht unhöflich, sondern nur stocktaub.