Kategorie: Familiäres

  • Überbewertete kluge Telefone

    Seit ich bei der Tischlerfamilie bin, hatte der Chef immer ein ganz tolles Telefon: Es klingelte, wenn jemand anrief, und wenn der Chef fertig war, klappte er es zu – das war es!

    Das neue Klingeling ist ein sogenanntes „kluges, schlaues, pfiffiges Telefon“, auch „Smartphone“ genannt. Das ist total doof: Es kann zum Beispiel Musik abspielen, und zwar die, die der Chef vorher draufgeladen hat. Das Ganze dann auch als Klingelton.
    Das hört sich recht harmlos an, aber es ist nun mit einem einfachen Bimmelbammel als Klingeton nicht mehr getan. Und  da sich der Chef nicht entscheiden kann, was er denn nun bittedanke als einfaches Hinweis, dass ein Anruf reinkommt, haben möchte, bellen hier seit neuestem Hunde, miauen Katzen, und heulen Wölfe. Dagegen sind die nun immer wieder erklingenden Sirenen der verschiedensten Behörden und Länder harmlos.
    Und ich bin bei jedem Klingelton in höchster Alarmbereitschaft, belle engagiert los und renne wie die Doofe in treuer Tischlerhundpflichterfüllung durch das Haus. Aber ale Aufregung völlig umsonst, ist ja nur ein Probelauf!

    Die Krönung ist aber, dass bei diesem Telefon das charakteristische Zusammenklappen nach dem Gespräch nun weg fällt. Ich bin darüber völlig entsetzt, wie soll ich nun vom Körbchen aus hören, ob der Chef in der Küche fertig telefoniert hat oder nicht? Wie soll ich denn nun wissen ab wann ich wieder bellen und betteln darf?

    Onkel Jens sagt, dass alle solche Telefone haben, das alte war schon antik, mit dem kann man heutzutage nicht mehr existieren und verliert total den sozialen Anschluss.

    Aber der Chef hat vorher doch aus existiert und mit allen Leuten sprechen können?  Ich verstehe also nicht, inwiefern jetzt alles besser ist?

    Und die Chefin wäre ja wohl mit ein wenig Übung damit irgendwann klar gekommen, dem Chef bei Nichterreichbarkeit hinterherzutelefonieren, die soll sich nicht so anstellen. Die immer mit ihren Imäils (oder so ähnlich)…
    Der sich immer mehr verändernde Alltag in der Tischlerei wird einfach überbewertet:
    Soll der Kunde halt mit der Türöffnung warten, bis der Chef abends wieder erreichbar ist. Ich warte doch auch geduldig, bis wir abends Gassi gehen können.

    Mal ganz vertraulich unter uns Tischlerhunden: Der Chef hat einen großen Fehler gemacht, meinen gesunden Hundeverstand zu ignorieren. Mit meiner Beratung wäre ihm so ein Fehlgriff nicht passiert!


  • Tannenbaum statt Tiefenentspannung

    Da! Nu isses wieder passiert! Wie letztes Jahr!

    Meine Leute haben sich erneut einen Baum in´s Wohnzimmer geholt. Und der steht natürlich genau da, wo ich sonst gerne mal liege.
    Jetzt habe ich statt einem Plätzchen zum Rumgammeln einen ganzen Baum voller Gerüche.
    Nach genauer Untersuchung während des Aufbaus („Nein, Ember, jetzt reicht´s! Lass mich endlich den Baum feststellen!“) stellte ich dann fest, dass weder Getier im Baum ist, noch sonst irgendwelche Gefahren von diesem Ding ausgehen. Versteht mich nicht falsch, ich finde Bäume grundsätzlich wirklich gut! Aber bittedanke im Wald, nicht im Wohnzimmer!
    Das Ganze war so spannend, dass ich mir erstmal meinen Quietschie, bzw. eins der Teile, die noch vom Osterquietschie übrig geblieben sind, holen und aufgeregt darauf herumkauen musste. Am Baum selbst, der Wurzel allen Übels, durfte ich mich ja nicht abreagieren.

    Jedenfalls tigere ich jetzt immerzu im Wohnzimmer rum und überlege, wo nun mein zweitliebster Ort zum Hinlegen ist.
    Aber das ist wirklich schwierig. Laut Feng Shui muss ich nämlich genau an der Heizung liegen, mit direktem Blick in den Flur, die Kinderzimmertüren, die Küche und den Treppenaufgang! Gleichzeitig habe ich dann auch meine Menschen im Wohnzimmer komplett im Blick.
    Wenn ich nun durch den doofen Baum meinen Platz verlege, liege ich aber in der Einflugschneise meiner Menschen in den Raum. Soll heißen: direkt vor der Wohnzimmertür. Da ist aber echt ungemütlich, weil dauernd jemand da lang gehen muss und ich dann bei den ganzen Grobmotorikern scharf auf meine Pfoten und den Kopf achten muss.

    Ich habe mich jetzt für einen Kompromiss entschieden: Ich liege in der Einflugschneise, durchbohre aber die Tischlerfrau mit vorwurfsvollen Blicken, um eine zügige Änderung der Wohnsituation herbeizuführen. Doch die Chefin grinst nur. Ist ja auch nicht ihr Plätzchen, dass nun fehlt.

    Nein, das Leben eines Tischlerhunds ist nicht einfach, wenn Bäume überraschend in´s Wohnzimmer gestellt werden!

  • Aus gegebenem Anlass: Unsere besonderen Weihnachtswünsche für Sie

    Heute Morgen rief eine Kundin an, um uns zu bitten, kurzfristig in einer Wohnung einen Zylinder auszutauschen.
    Der Auftrag war einigermaßen dringend, weil hier ein Fall von häuslicher Gewalt befürchtet wird.

    Wir wünschen allen unseren Kunden, Bekannten, Nachbarn und Freunden, etwas, was kaum einer wünscht, aber doch so unglaublich wichtig ist:
    Keine Angst haben zu müssen!
    Egal, ob Angst vor häuslicher Gewalt wie in diesem aktuellen Fall. Oder Angst vor Krankheit, Einsamkeit oder den Verlust vor materiellen Dingen. Oder der Angst vor der Zukunft im Allgemeinen.

    Wir freuen uns über jeden Auftrag von Ihnen, hoffen aber für Sie, dass Sie uns für Nottfälle, egal ob dieser Art oder für für andere Situationen, nicht benötigen, sondern die Feiertage Ruhe und Frieden finden können.

    In diesem Sinne:
    Frohe Weihnachten!

  • Belohnung am Nikolaustag

    Ich bin ja sooo artig, wenn die mich nicht hätten!

    Seit einigen Monaten haben die hier ganz viel Arbeit, und ich bin ganz lieb und lasse sie schön machen.
    Allerdings erinnere ich sie immer wieder daran, der Gesundheit zuliebe kurze Pausen an der frischen Luft einzulegen. Die begleite ich dann auch jedes Mal ganz fürsorglich.

    Jetzt, am Nikolaustag, haben sich meine Leute dafür endlich mal für meine gute (Mit-)Arbeit bedankt.
    Und zwar mit einem wirklich schönem Rinderbraten aus Charolais-Rind vom benachbarten Bauernhof. Scharf angebraten, mit einer Marinade vom Lieblingsitaliener verfeinert, dann bei Niedrigtemperatur weitere 4 Stunden gargezogen. Als Endergebnis kam etwas wirklich ganz besonders Leckeres heraus!

    Fürsorglich, wie meine Leute sind, hat jeder Mensch an einer kleinen Scheibe erstmal getestet, ob das Stück Fleisch auch wirklich perfekt ist. Dann wollten sie es kalt werden lassen, damit ich mich nicht verbrenne, und gingen wieder in ihr Wohnzimmer.
    Da ich das Fleisch aber nicht erst am Nikolaustag kalt essen wollte, habe ich es dann direkt von der Arbeitsfläche geholt und gemütlich in meinem Körbchen verspeist. Netterweise ließen sie mich auch ganz in Ruhe dem Genuß hingeben.

    Nur die Chefin wirkte etwas enttäuscht, dass ich es mir ohne ihre Anwesenheit hatte schmecken lassen:
    Abends rief sie mich in die Küche und zeigte mir die leere Bratenplatte. Ich schaute sie freundlich an, sie war ja wirklich sehr lieb zu mir gewesen: „Ja, es tut mir leid, ich weiß, ich sollte das gute Stück erst am Nikolaustag bekommen. Aber wenn du möchtest, nehme ich noch dieses kleine Randstück, dann weiß ich auch, wie der Braten kalt schmeckt. Und du kannst sehen, wie es mir schmeckt“

    …Nachtrag:
    Das Fleisch war wirklich soo klasse, dass ich mich nicht mal hinterher übergeben habe. Da haben sich meine Herrschaften diesmal wirklich selber übertroffen. Nächstes Jahr können sie das gerne wieder machen!

  • Mitten im Chaos = Mittwoch

    Es gibt Tage, Wochen, Monate, die braucht man nicht.

    So ein Tag war gestern. Es begann damit, wir noch wie an den Vortagen damit beschäftigt waren, den vom Zulieferer verzapften Blödsinn auszubaden.

    Freudestrahlend nahm der Tag seinen Fortgang mit einem kranken Gesellen, so dass der Meister die dringend notwendigen organisatorischen Aufgaben und Kleinreparaturen zur „Freude der Kunden“ liegen lassen musste, und statt dessen auf der Baustelle werkelte.

    Dass ausgerechnet an dem Tag ein Auto seinen Werkstatttermin hatte und hin- und hergefahren werden musste, war da schon fast Nebensache.

    Die Anrufweiterschaltung lief dann auf uns privat, damit der Gatte wenigstens auf der Baustelle seine Ruhe hatte. Bis dahin ging das Telefon nämlich auch ununterbrochen und trieb den unter Zeitdruck stehenden Mann langsam, aber sicher, in den Wahnsinn.

    Es versteht sich von selbst, dass ab dem Zeitpunkt der Weiterschaltung die Anrufe drastisch abnahmen?

    Als das Auto dann abends aus der Werkstatt geholt werden musste, ließ ich das Telefon Telefon sein: Eine halbe Stunde würde die Welt schon ohne unsere ständige Erreichbarkeit weiterexistieren. Außerdem hasse ich es, beim Autofahren zu telefonieren, Freisprecheinrichtung hin, Aufträge her.

    Als ich dann zurückkam, kam mir unser 10-Jähriger aufgeregt entgegen: „Da hat eine Frau angerufen, und ich wusste nicht, wie ich euch erreichen sollte. Die hatte eine Türöffnung.“ Okay, Rufnummer weg, also die Türöffnung auch weg. Die weiteren zwei Anrufe, die in der Zeit eingetrudelt waren, und nicht angenommen wurden, spielten dann auch keine Rolle mehr.

    Danach schnell den Gatten abgefüttert und ihn nach Hannover zum Treffen der Sicherheitsgemeinschaft entlassen.

    Irgendwann am späten Abend kam der Tischlermeister dann grau im Gesicht und mit Schweißperlen auf der Stirn zurück: Die als Snack angebotenen Brötchen waren gesunde Volkornbrötchen. Allerdings mit einem kleinen, allergieschubverursachenden Mohnanteil. Der mit Adrenalin vollgestopfte Gatte schaffte es also mit letzter Kraft nach Hause, bis der Allergiker im Tischlermeister doch noch zusammenklappte. Nach einer Volldröhnung mit Fenistil aus der Notfallapotheke ging es dann lagsam besser. Und der Mann konnte mir von dem letzten Höhepunkt des Tages berichten: Seit dem 13.11.2013 ist Herr Jürgen Hoppe Mitglied des Vorstands der Sicherheitsgemeinschaft Hannover.

    Was ja eigentlich eine Ehre und Zeichen einer Anerkennung ist. Allerdings müssen wir erstmal schauen, ob der Teufel nicht doch noch im Detail steckt. Nach diesem Tag sind wir da einfach vorsichtig geworden.

  • „Unser Eduard wird erwachsen!“. Oder: Er hat „da“ gesagt!

    Letzten Samstag wurde uns eine Ehre zuteil, die nicht viele haben: Wir waren die einzigen „deutschen“ Gäste auf einer russischen Hochzeit, denn der kleine Azubi von 2000 ist nun erwachsen *hach ja, schluchz* und hat geheiratet.
    Wo die Unterschiede liegen (zur deutschen Hochzeit, nicht zum verheirateten Gesellen!)?
    Neben vielen anderen Sitten und Gebräuchen fiel uns auf: Gelassener und ausgelassener. Schweisstreibendere Tanzmusik (ratatalatatalata ratatalata *yeah!*). Lauter. Knoblauchreicheres Essen (die super leckere Füllung der Auberginenröllchen bestand NICHT aus gemahlenen Nüssen!).
    Dass auf einer russischen Hochzeit mehr Alkohol, sprich: Wodka, getrunken wird als auf deutschen Feiern, traf übrigens hier nicht zu. Der Geselle zeigte sich aber zugegebenermaßen auch im Nachhinein ein wenig enttäuscht, dass der Vorrat an Wodkaflaschen kaum angekratzt wurde…

    Auf alle Fälle war es rührend und fröhlich, einfach wunderschön!

    Danke fürs dabei sein duerfen!

    Und an dieser Stelle die Anregung an die Soziologen, über den Vergleich von deutschen und russischen Hochzeiten eine Masterarbeit zu schreiben.

  • Eine Garderobe…

    …sollte es sein.

    So war die Anfrage einer Kundin.

    Groß war das Gegrinse, als sich herausstellte, was die Kundin genau wollte:

    Garderobenkiste für Kinder. Woanders gesehen, weiterentwickelt und getischlert von uns!
    Garderobenkiste für Kinder. Woanders gesehen, weiterentwickelt und getischlert von uns!

    Wohlgemerkt, für die Erwachsenen. Deren Kinder haben nämlich bereits solche Prachtstücke, und nun wollten die Eltern endlich auch die gleichen Exemplare, weil sie so herrlich praktisch sind.

    (Ehrlich gesagt: Bei uns ähnlich, das nistet sich der Tischlermeister mit seinen Schals und Mützen auch immer in den Garderoben des Tischlermeisternachwuchses ein.)

  • Durchatmen

    Nachdem wir im Sommer eigentlich gemütlich zu Hause unseren Urlaub verbringen wollten und tatsächlich der Tischlermeister statt 60-70 Stunden /Woche „nur“ 40 Stunden arbeitete („Bitte, bitte, kommen Sie schnell! Die Tür klemmt!“ – bei 30°C im Schatten war nicht nur der Teer, sondern auch unser Herz weich…) und des Gatten Gesundheit auch prompt die Quittung servierte, musste diesmal die Radikalkur her: Urlaub auf Pellworm, der Insel am Ende der Welt – und dort am Ende von Pellworm. Selbst das Wasser war regelmäßig weg!

    Immerhin sah nun auch der Tischlermeistergatte ein, dass selbst der hilfloseste Anrufer für eine Türöffnung diesmal ohne seine Hilfe eine Lösung finden musste.